Not another Galileo Special
Ein Glueck, dass ich diese laecherliche Sendung nicht gesehen habe, die schon vor ein paar Wochen auf Pro7 lief und sich angeblich mit derselben Thematik befasste wie der Film "The Da Vinci Code". Nun habe ich diesen zusammenfassenden einigermassen amuesanten Artikel auf Spiegel.de gelesen und propagiere nun auch gegen diese und aehnliche voellig schwachsinnige Sendungen des privaten Senders in hoechst umstandsloser Art und Weise - indem ich diesen Artikel psote ;^p [...]
(show me)(don't show me)
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18. Mai 2006
GRALSSUCHE AUF PROSIEBEN
In der Gruft von "Galileo"
Von Markus Becker
Gibt es den Heiligen Gral wirklich? Ist Jesus am Ende gar nicht auferstanden, sondern liegt in einer düsteren Gruft in Südfrankreich? Ein "Spezial" des ProSieben-Magazins "Galileo" versprach gestern Abend vergrabene Schätze - und lieferte Unterirdisches.
"Archäologie ist nicht das, was sie glauben", lehrte uns schon Indiana Jones. "Noch nie hat ein X irgendwo, irgendwann einen bedeutenden Punkt markiert." Am Ende aber kommt heraus, dass ein X manchmal eben doch den Schatz, oder - wie in "Indiana Jones III" - eine bedeutende Gruft bezeichnet.
Vielleicht hätte auch Aiman Abdallah einfach ein X suchen sollen. Aber bei seinen Streifzügen durch alte Gemäuer fand er weder ein X noch eine bedeutende Gruft - und schon gar keinen Heiligen Gral. Was den Pro-Sieben-Moderator nicht davon abhielt, seinen Zuschauern unermüdlich ein X für ein U vorzumachen: Vergrabene Schätze wurden versprochen, Unterirdisches geboten.
"Sakrileg - Ein Code wird entschlüsselt!", lautete der vollmundige Titel des gestrigen "Spezials" des Wissensmagazins "Galileo". Das Pro-Sieben-Magazin surfte auf der Welle des Hypes um die Verfilmung von Dan Browns Roman "The Da Vinci Code" und versuchte, was schon viele zuvor versucht hatten: den Anschein zu erwecken, der Heilige Gral sei ein reales Objekt, das man finden könne wie ein verbummeltes Schlüsselbund - wenn man nur die Mittel der Wissenschaft anwende.
Also verfolgte nun auch Abdallah die Spur der "bedeutendsten Reliquie der Christenheit". Seine erste Station: Die Rosslyn Chapel, eine Kapelle in der Nähe des schottischen Edinburgh, die von den Freimaurern, den angeblichen Nachfolgern des Tempelritter-Ordens, erbaut worden sein soll. "Wird Aiman Abdallah die angebliche Schatzkarte der Templer finden und entschlüsseln?", fragte eine Stimme aus dem Off, die klang wie die sieben Donner der Offenbarung.
Gleich zu Beginn erfuhr man Erstaunliches. Jacques Saunière, in Dan Browns Thriller der ermordete Museumsdirektor und Hüter des Gralsgeheimnisses, hatte ein reales Vorbild: einen Dorfpfarrer in einem französischen Pyrenäendorf, der in seiner alten Kirche einen sagenhaften Schatz entdeckt haben und so zu Reichtum gelangt sein soll. "Warum verschweigt Dan Brown das reale Vorbild Saunières?", fragte sich Abdallah. Ja, warum? Weil Brown schlicht keine Kenntnis von dem kleinen Dorfpfarrer hatte? Oder weil der Autor etwas weiß, das er der Welt verschweigt? Weiß er am Ende gar mehr, als er in seinem Roman verrät?
Dieser Verdacht beschlich auch Abdallah, nachdem er weder in der Rosslyn-Kapelle ("keine Codes, kein Templer, kein Gral") noch in der Abtei von Glastonbury fündig geworden war. In Britanniens ältester Kirche, der Legende zufolge vom biblischen Gralshüter Joseph von Arimathäa gegründet, wurde zwar ein angeblicher Gral entdeckt. Nur entpuppte sich der in einem mehrsekündigen Gespräch zwischen Moderator und örtlichem Experten als buntgläsernes Ramschtöpfchen, das ein englischer Schneider 1885 für drei Pfund in Venedig erstanden hatte.
Wer hart recherchierende Journalisten derart an der Nase herumführt, hat es verdient, selbst ins Visier der Nachforschungen zu geraten: Hat Dan Brown uns alle gefoppt? "Ist am Ende das Buch selbst der Code, ein Code im Code?", fragte Abdallah sich und die Zuschauer, und fügte wild entschlossen hinzu: "Es wird Zeit, den Spieß umzudrehen und Dan Browns Verwirrspiel zu beenden!"
Was folgte, war ein Leckerbissen für jeden, der sich schon einmal eingehender mit der Mustererkennung in großen Textapparaten befasst hat: Abdallah stand angestrengt lesend in einem Zimmer, dessen Wände mit Fotokopien aus Dan Browns Buch tapeziert waren. Neben ihm ein Scanner, der Buchseiten einlas. Seite für Seite werde man Browns Werk durchleuchten. "Mehr als eine Million Buchstaben" - ein Aha-Effekt für jeden Zuschauer, der Bücher nur aus Filmen kennt.
"Vielleicht findet sich in diesem Meer von Buchstaben eine Spur, die zum Gral führt", grollte dazu die Donnerstimme aus dem Off, "und tatsächlich!": Gleich auf der ersten Seite seien Begriffe wie "Glastonbury", "Maria Magdalena", "Gral" und "Saunière" gebündelt, rote Linien gaukelten Zusammenhänge vor. Man erfuhr zwar nicht, ob das nur mit der gebundenen Ausgabe oder auch mit dem Taschenbuch klappt. Aber ein Wort - Saunière - genügte, um uns nach Frankreich in die sagenumwobene Kirche von Rennes le Château zu entführen.
Dort tauchten dann - per Einspieler - endlich auch die unvermeidlichen Nazis auf, die wohl nicht zufällig schon in "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" nach dem Gral fahndeten und in der Realität einen gewissen Otto Rahn auf die Spur von Dorfpfarrer Saunière gesetzt haben sollen. Gott sei Dank haben die braunen Weltmachtsphantasten weder im Film noch in der wirklichen Welt einen Gral gefunden. Vielleicht waren die Nazi-Szenen deshalb auch mit einer Musik untermalt, die allzu deutlich an den Abenteuerfilm mit Harrison Ford erinnerte.
Rahn aber soll, laut Abdallah, gar nicht so dumm gewesen sein wie die meisten anderen Nazis: Er machte rätselhafte Unstimmigkeiten in den Ikonen im Kreuzweg der Kirche als Hinweise auf den Gral aus. Kurz darauf zauberte in der ProSieben-Doku ein kauziger Lokalhistoriker ein Landschaftsrelief hervor, das auf Geheiß von Pfarrer Saunière entstanden sein soll und den Weg zum Grab von Joseph von Arimathäa weise, ausgerechnet - was für ein Zufall! - gleich um die Ecke in der südfranzösischen Provinz.
Aber es kam noch dicker: Nicht nur Joseph, Jesus höchstselbst soll in Südfrankreich seine letzte Ruhestätte gefunden haben. Joseph habe den Leichnam nämlich aus dem Heiligen Land entführt und begraben. "Das ist ja unglaublich!", staunte Abdallah. "Können wir dahin gehen?" So leicht war das natürlich nicht. Denn leider war das Landschaftsmodell so unpräzise, dass nur der komische Kauz aus der Pyrenäen-Einöde den Weg zu den Gräbern wusste. Sagte er zumindest. Und für diese Information verlangte er eine Million Dollar.
Da musste selbst Abdallah tief Luft holen, wollte aber trotzdem zahlen - das Grab von Jesus kriegt man schließlich nicht jeden Tag zu sehen. Da stand er also vor der Tür des Einsiedlers, Geldkoffer in der Hand, als sein Handy klingelte. Am anderen Ende: das "Recherche-Team" von "Galileo", das gerade in einem Hafenlager Kisten aufgeschlitzt und herausgefunden hatte, dass die rätselhaften Ikonen in Saunières Kirche keine Sonderanfertigungen mit geheimen Hinweisen, sondern schnöde Massenware eines unbedarften und nicht sehr bibelfesten Künstlers wären.
Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätten die unermüdlichen Rechercheure zwei Minuten später angerufen. Abdallah hätte sich auf einen bösen Anruf aus der ProSieben-Finanzbuchhaltung gefasst machen müssen.
So aber blieb alles beim Alten und der Zuschauer so schlau wie zuvor. Fragt sich am Ende, welcher mündige Fernsehkonsument das alles noch als "Wissens-Magazin" (Senderwerbung) ernst nehmen soll: einen Moderator, dessen Name mindestens so oft erwähnt wird wie der Gral selbst und der sich dreist als investigativer Journalist inszenieren lässt, dazu Wackelkamera-Perspektiven und schaurig-schöne Düsterbilder alter Gemäuer, präsentiert im reißerischen, pseudo-dokumentarischem Stil.
Vielleicht hätte ProSieben einfach eine Wiederholung von "Indiana Jones III" bringen sollen. Da weiß man wenigstens, dass man ein X bekommt.
>> # top # | Q: Spiegel.de
sent by Daemon
Die Bilder zum Artikel mit Szenen aus der laecherlichen Galileo-Sendung habe ich mir mal gespart.
(show me)(don't show me)
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18. Mai 2006
GRALSSUCHE AUF PROSIEBEN
In der Gruft von "Galileo"
Von Markus Becker
Gibt es den Heiligen Gral wirklich? Ist Jesus am Ende gar nicht auferstanden, sondern liegt in einer düsteren Gruft in Südfrankreich? Ein "Spezial" des ProSieben-Magazins "Galileo" versprach gestern Abend vergrabene Schätze - und lieferte Unterirdisches.
"Archäologie ist nicht das, was sie glauben", lehrte uns schon Indiana Jones. "Noch nie hat ein X irgendwo, irgendwann einen bedeutenden Punkt markiert." Am Ende aber kommt heraus, dass ein X manchmal eben doch den Schatz, oder - wie in "Indiana Jones III" - eine bedeutende Gruft bezeichnet.
Vielleicht hätte auch Aiman Abdallah einfach ein X suchen sollen. Aber bei seinen Streifzügen durch alte Gemäuer fand er weder ein X noch eine bedeutende Gruft - und schon gar keinen Heiligen Gral. Was den Pro-Sieben-Moderator nicht davon abhielt, seinen Zuschauern unermüdlich ein X für ein U vorzumachen: Vergrabene Schätze wurden versprochen, Unterirdisches geboten.
"Sakrileg - Ein Code wird entschlüsselt!", lautete der vollmundige Titel des gestrigen "Spezials" des Wissensmagazins "Galileo". Das Pro-Sieben-Magazin surfte auf der Welle des Hypes um die Verfilmung von Dan Browns Roman "The Da Vinci Code" und versuchte, was schon viele zuvor versucht hatten: den Anschein zu erwecken, der Heilige Gral sei ein reales Objekt, das man finden könne wie ein verbummeltes Schlüsselbund - wenn man nur die Mittel der Wissenschaft anwende.
Also verfolgte nun auch Abdallah die Spur der "bedeutendsten Reliquie der Christenheit". Seine erste Station: Die Rosslyn Chapel, eine Kapelle in der Nähe des schottischen Edinburgh, die von den Freimaurern, den angeblichen Nachfolgern des Tempelritter-Ordens, erbaut worden sein soll. "Wird Aiman Abdallah die angebliche Schatzkarte der Templer finden und entschlüsseln?", fragte eine Stimme aus dem Off, die klang wie die sieben Donner der Offenbarung.
Gleich zu Beginn erfuhr man Erstaunliches. Jacques Saunière, in Dan Browns Thriller der ermordete Museumsdirektor und Hüter des Gralsgeheimnisses, hatte ein reales Vorbild: einen Dorfpfarrer in einem französischen Pyrenäendorf, der in seiner alten Kirche einen sagenhaften Schatz entdeckt haben und so zu Reichtum gelangt sein soll. "Warum verschweigt Dan Brown das reale Vorbild Saunières?", fragte sich Abdallah. Ja, warum? Weil Brown schlicht keine Kenntnis von dem kleinen Dorfpfarrer hatte? Oder weil der Autor etwas weiß, das er der Welt verschweigt? Weiß er am Ende gar mehr, als er in seinem Roman verrät?
Dieser Verdacht beschlich auch Abdallah, nachdem er weder in der Rosslyn-Kapelle ("keine Codes, kein Templer, kein Gral") noch in der Abtei von Glastonbury fündig geworden war. In Britanniens ältester Kirche, der Legende zufolge vom biblischen Gralshüter Joseph von Arimathäa gegründet, wurde zwar ein angeblicher Gral entdeckt. Nur entpuppte sich der in einem mehrsekündigen Gespräch zwischen Moderator und örtlichem Experten als buntgläsernes Ramschtöpfchen, das ein englischer Schneider 1885 für drei Pfund in Venedig erstanden hatte.
Wer hart recherchierende Journalisten derart an der Nase herumführt, hat es verdient, selbst ins Visier der Nachforschungen zu geraten: Hat Dan Brown uns alle gefoppt? "Ist am Ende das Buch selbst der Code, ein Code im Code?", fragte Abdallah sich und die Zuschauer, und fügte wild entschlossen hinzu: "Es wird Zeit, den Spieß umzudrehen und Dan Browns Verwirrspiel zu beenden!"
Was folgte, war ein Leckerbissen für jeden, der sich schon einmal eingehender mit der Mustererkennung in großen Textapparaten befasst hat: Abdallah stand angestrengt lesend in einem Zimmer, dessen Wände mit Fotokopien aus Dan Browns Buch tapeziert waren. Neben ihm ein Scanner, der Buchseiten einlas. Seite für Seite werde man Browns Werk durchleuchten. "Mehr als eine Million Buchstaben" - ein Aha-Effekt für jeden Zuschauer, der Bücher nur aus Filmen kennt.
"Vielleicht findet sich in diesem Meer von Buchstaben eine Spur, die zum Gral führt", grollte dazu die Donnerstimme aus dem Off, "und tatsächlich!": Gleich auf der ersten Seite seien Begriffe wie "Glastonbury", "Maria Magdalena", "Gral" und "Saunière" gebündelt, rote Linien gaukelten Zusammenhänge vor. Man erfuhr zwar nicht, ob das nur mit der gebundenen Ausgabe oder auch mit dem Taschenbuch klappt. Aber ein Wort - Saunière - genügte, um uns nach Frankreich in die sagenumwobene Kirche von Rennes le Château zu entführen.
Dort tauchten dann - per Einspieler - endlich auch die unvermeidlichen Nazis auf, die wohl nicht zufällig schon in "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" nach dem Gral fahndeten und in der Realität einen gewissen Otto Rahn auf die Spur von Dorfpfarrer Saunière gesetzt haben sollen. Gott sei Dank haben die braunen Weltmachtsphantasten weder im Film noch in der wirklichen Welt einen Gral gefunden. Vielleicht waren die Nazi-Szenen deshalb auch mit einer Musik untermalt, die allzu deutlich an den Abenteuerfilm mit Harrison Ford erinnerte.
Rahn aber soll, laut Abdallah, gar nicht so dumm gewesen sein wie die meisten anderen Nazis: Er machte rätselhafte Unstimmigkeiten in den Ikonen im Kreuzweg der Kirche als Hinweise auf den Gral aus. Kurz darauf zauberte in der ProSieben-Doku ein kauziger Lokalhistoriker ein Landschaftsrelief hervor, das auf Geheiß von Pfarrer Saunière entstanden sein soll und den Weg zum Grab von Joseph von Arimathäa weise, ausgerechnet - was für ein Zufall! - gleich um die Ecke in der südfranzösischen Provinz.
Aber es kam noch dicker: Nicht nur Joseph, Jesus höchstselbst soll in Südfrankreich seine letzte Ruhestätte gefunden haben. Joseph habe den Leichnam nämlich aus dem Heiligen Land entführt und begraben. "Das ist ja unglaublich!", staunte Abdallah. "Können wir dahin gehen?" So leicht war das natürlich nicht. Denn leider war das Landschaftsmodell so unpräzise, dass nur der komische Kauz aus der Pyrenäen-Einöde den Weg zu den Gräbern wusste. Sagte er zumindest. Und für diese Information verlangte er eine Million Dollar.
Da musste selbst Abdallah tief Luft holen, wollte aber trotzdem zahlen - das Grab von Jesus kriegt man schließlich nicht jeden Tag zu sehen. Da stand er also vor der Tür des Einsiedlers, Geldkoffer in der Hand, als sein Handy klingelte. Am anderen Ende: das "Recherche-Team" von "Galileo", das gerade in einem Hafenlager Kisten aufgeschlitzt und herausgefunden hatte, dass die rätselhaften Ikonen in Saunières Kirche keine Sonderanfertigungen mit geheimen Hinweisen, sondern schnöde Massenware eines unbedarften und nicht sehr bibelfesten Künstlers wären.
Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätten die unermüdlichen Rechercheure zwei Minuten später angerufen. Abdallah hätte sich auf einen bösen Anruf aus der ProSieben-Finanzbuchhaltung gefasst machen müssen.
So aber blieb alles beim Alten und der Zuschauer so schlau wie zuvor. Fragt sich am Ende, welcher mündige Fernsehkonsument das alles noch als "Wissens-Magazin" (Senderwerbung) ernst nehmen soll: einen Moderator, dessen Name mindestens so oft erwähnt wird wie der Gral selbst und der sich dreist als investigativer Journalist inszenieren lässt, dazu Wackelkamera-Perspektiven und schaurig-schöne Düsterbilder alter Gemäuer, präsentiert im reißerischen, pseudo-dokumentarischem Stil.
Vielleicht hätte ProSieben einfach eine Wiederholung von "Indiana Jones III" bringen sollen. Da weiß man wenigstens, dass man ein X bekommt.
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Die Bilder zum Artikel mit Szenen aus der laecherlichen Galileo-Sendung habe ich mir mal gespart.
posted by Woodrow at 7/08/2007 12:51:00 AM
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