Interview: Warren Spector (2oo7-Mar)
Interessant, was man alles fuer wichtige Leute kennenlernt, wenn man sich einmal etwas ernsthafter mit dem Thema auseinandersetzt, als bloss deren Spiele zu zocken. Warren Spector hat ziemlich aehnliche Ansichten wie ich [...]
(show me)(don't show me)
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Entertainment / 20.04.2007 / 12:12
Warren Spector: Weg mit männlichen Machtphantasien
Deus-Ex-Entwickler über sein zukünftiges Projekt, Online-Rollenspiele und Gewalt
Er ist einer der ganz großen Spiele-Designer und gleichzeitig einer der bescheidensten: Warren Spector war unter anderem für Ultima Underworld, System Shock oder Deus Ex zuständig, er arbeitete für Origin, Looking Glass und Eidos' Ion Storm. 2005 gründete er in Austin (Texas) die Junction Point Studios, deren Motto lautet: "Putting Power in Players' Hands". Jörg Langer sprach mit Spector, der seine Karriere vor 24 Jahren als Redakteur beim Brettspiel-Verlag Steve Jackson Games begann.
Jörg Langer: Herr Spector, Sie haben Ion Storm 2004 verlassen, wenige Monate vor deren Schließung durch Eidos. Ihr erstes Projekt bei Junction Point soll nach neun Monaten eingestampft worden sein. Nun arbeiten Sie angeblich an zwei Projekten. Können Sie uns mehr erzählen?
Warren Spector: Ich kann gerade noch nicht viel verraten, sonst wäre mein Publishing-Partner sehr ungehalten. Außerdem habe ich schon viel zu oft viel zu früh über meine Spiele geredet. Meine Erfahrungen bei Ion Storm haben mich da vorsichtig gemacht.
Jörg Langer: Es gibt Designer, die sehr viel bekannter für blumige Ankündigungen sind: Peter Molyneux, Dave Perry ...
Warren Spector: Peter, Dave und ich haben schon so unsere Gemeinsamkeiten. Aber eine Sache kann ich verraten: Wenn wir das Spiel ankündigen, wird die Hälfte der Leute sagen, "seid ihr verrückt geworden?". Ich freue mich schon auf diese Reaktion. Denn die andere Hälfte wird begeistert sein.
"Ein Drittel meiner Verkäufe kam immer aus Deutschland"
Jörg Langer: Wann wollen Sie das Projekt denn ankündigen?
Warren Spector: Ich hatte auf die GDC 2007 im März gehofft, aber das Timing hat einfach nicht gestimmt. Vielleicht mache ich es im Juli auf der E3, vielleicht aber auch im August auf der Games Convention in Leipzig. Hoffentlich gibt es die deutschen Fans noch! Denn als ich bei Origin, Looking Glass oder Ion Storm war, kam gut ein Drittel meiner Verkäufe aus Deutschland. Wann immer ich mit Publishern rede, erinnere ich sie daran, dass sie nicht immer nur die USA sehen dürfen. Meine Spiele schaffen fast immer die Hälfte oder mehr ihrer Verkaufszahlen in Europa!
Jörg Langer: Wird Ihr Projekt ein Solo-Spiel?
Warren Spector: Es ist schwer, heute nicht zumindest einen Multiplayer-Modus zu machen. Aber ich bin ein Singleplayer-Fan, also wird es überwiegend ein Solo-Spiel.
Jörg Langer: Dann würden Sie mir zustimmen, dass Multiplayer-Spiele wie Counterstrike oder MMOs wie World of Warcraft nicht zwangsweise die Zukunft der Computerspiele darstellen.
Warren Spector: Darüber streite ich mich regelmäßig mit Richard Garriott [Gründer von Origin und Vater der Ultima-Serie, Anm. der Redaktion], der ja für NC Soft das Action-MMO Tablua Rasa macht. Sicher, Massively-Multiplayer-Spiele sind ein tolles Geschäftsmodell. Aber wenn das erfolgreichste MMO World of WarCraft 8 Millionen Spieler hat, dann kommt das nicht einmal in die Nähe des Auflagenpotenzials von Solo-Spielen. Bevor MMOs und Multiplayer-Spiele zur Zukunft werden, haben sie noch einen langen, langen Marsch vor sich.
"Ich möchte lieber zu 30 oder 40 Millionen Menschen sprechen"
Jörg Langer: Insbesondere, wenn man ein WoW mit großen Singleplayer-Serien wie Final Fantasy oder GTA vergleicht.
Warren Spector: Ja. Als Geschäftsmann hätte ich zwar lieber 8 Millionen Leute, die mir 15 Dollar im Monat zahlen. Aber als Geschichtenerzähler, der möchte, dass die Spieler etwas über das Leben und sich selbst lernen, spreche ich lieber zu 30 oder 40 Millionen. Nicht, dass ich jemals so eine Zahl erreicht hätte, nicht einmal annähernd. Aber jeder weiß, dass eines Tages Spiele dieselbe Reichweite haben werden wie Fernsehen oder Kino. Der MMO-Kuchen aber ist viel kleiner als das - und wird es auch bleiben.
Jörg Langer: Warum gibt es eigentlich so viel Gewalt in modernen Spielen?
Warren Spector: Viele Leute in der Spielebranche schauen nach hinten statt nach vorn. Es liegt zuviel Betonung auf der Grafik! Ich sage das schon seit zehn Jahren, aber es wird immer schlimmer. Und zwar, weil die Hardware und unsere technischen Fähigkeiten immer besser werden. Wir können nun die gewohnten Sachen viel extremer und realistischer darstellen. Ich bin deshalb unsicher, ob es wirklich mehr Gewalt gibt heutzutage oder ob sie nicht einfach überzeugender dargestellt wird. Ich hoffe sehr, dass wir angesichts der PS3 und Xbox 360 anfangen zu sehen, was wir Neues damit anstellen können. Und nicht nur, wie wir alte Ideen besser aussehen lassen.
Jörg Langer: Außerdem hilft die Gewalt nicht gerade dabei, die breite Masse zu erreichen.
Warren Spector: Genau. Aber es gibt ja auch ganz andere Trends in der Industrie. Loco Roco ist cool, oder Animal Crossing, oder Little Big World, das Phil Harrison während seiner GDC-Eröffnungsrede vorgestellt hat. Das sind definitiv gegenläufige Entwicklungen. Es ist die Hardcore-Zielgruppe, die immer noch in den Machtphantasien männlicher Halbstarker verfangen ist. Sie macht immer noch einen großen Teil unserer Umsätze aus. Aber wir müssen weg davon, und viele Branchengrößen wollen die Dinge mittlerweile anders angehen.
Jörg Langer: Werden die Menschen irgendwann auf die Computerspiele zurückblicken, wie wir auf Brettspiele? Und Sie sind dann der Dinosaurier - wie heute ihr ehemaliger Chef Steve Jackson, der immer noch Papier-Rollenspiele entwickelt?
Warren Spector: Das ist unausweichlich. Ehrlich gesagt, fühle ich mich schon so. Ich bin 51 Jahre alt und gehöre vermutlich zu den ältesten Menschen, die noch aktiv Spiele entwickeln.
Jörg Langer: Sie haben sich gut gehalten.
Warren Spector: Danke, die Spielebranche hält dich entweder jung oder sie killt dich. Ich habe Mitarbeiter, deren Eltern jünger sind als ich! Aber zurück zu Ihrer Frage: Eines Tages wird ein neues Medium oder eine radikale Revolution dessen, was wir heute machen, kommen und uns regelrecht vorführen. Es wird etwas sein, das die Kinder kapieren und die Eltern fürchten.
"Videospiele haben eine Menge Druck vom Fernsehen oder den Comics genommen"
Jörg Langer: Und unsereiner ruft dann nach gesetzlichen Verboten.
Warren Spector: Ich kann es kaum erwarten! Videospiele sind ein ungeheuer mächtiges Medium, und wir stehen momentan extrem im öffentlichen Fadenkreuz. Alle Welt schaut auf uns, auf die Auswirkungen von Spielen und ihre Gewaltdarstellung. In diesem Sinne haben wir eine Menge Druck vom Fernsehen oder Comics genommen oder von den Spielhallen der 80er-Jahre. Und noch etwas: Leute wie Steve Jackson haben auch heute noch etwas beizutragen. Wenn ich mir ansehe, was er mir beigebracht hat, dann hat das immer noch klare Auswirkungen auf das, was ich heute mache. Also hoffe ich, dass in 20 oder 15 Jahren ich derjenige sein werde, der die Reden hält.
Jörg Langer: Wenn Sie 15 Jahre zurückblicken: War das eine bessere Zeit in Sachen Kreativität in der Spiele-Entwicklung?
Warren Spector: Irgendwann in den letzten beiden Jahren bin ich zu einem verbrämten alten Mann geworden, der ständig Dinge grummelt wie "früher war alles besser". Klar, wir setzen immer die rosarote Brille auf, wenn wir über die Vergangenheit sprechen. Aber trotzdem scheint es mir, als wenn es damals einfacher und lustiger gewesen wäre, Spiele zu entwickeln. Wir haben zu zehnt im Keller eines Gebäudes gearbeitet, wir saßen die ganze Zeit auf Gartenstühlen...
Jörg Langer: Da würde heute Ihr Rücken nicht mehr mitspielen.
Warren Spector: Moment, ich trainiere regelmäßig, ich bin sehr beweglich. Passen Sie auf, was Sie sagen! (lacht) Das fühlte sich anders an als ein Team zu führen mit 100 Leuten, bei dem man nicht mal von allen die Namen kennt. Bei Junction Point sind wir 24 Personen, und das fühlt sich klasse an. Die gemeinschaftliche Kreativität, das Ziehen an einem Strang erinnern mich sehr an frühere Tage. Aber das geht dem Ende entgegen. Es müssen eben all diese Grafiken und all die Sounds erstellt werden, wir müssen diese enorme Qualität hinbekommen, die heute erwartet wird. Das macht es sehr schwer, innovativ und kreativ zu sein, gerade für ein externes Studio wie unseres.
Jörg Langer: Wenn es auf die Zielgerade geht mit Ihrem Projekt, werden Sie also das Team ausbauen.
Warren Spector: Mit Sicherheit. Ich werde versuchen, nicht über 50 oder 60 Leute zu kommen, indem ich möglichst viel nach draußen gebe. Aber das haben schon viele gesagt, und am Ende hatten sie doch 100 oder 120 Mitarbeiter.
Jörg Langer: Sie kommen ganz klar vom PC, auch wenn Sie Konsolenerfahrung haben. Glauben Sie, dass moderne Konsolen vom PC im Prinzip nicht mehr zu unterscheiden sind?
Warren Spector: Die PS3 und Xbox 360 und teilweise auch die Wii sind auf funktionaler Ebene einem High-End-PC quasi gleichgestellt. Manches können sie besser, manches schlechter. Aber die NextGen-Geräte haben grundsätzlich das Spielfeld eben gemacht: Alles, was wir auf PCs entwickeln, kann man auch auf der Konsole machen, und umgekehrt. Ich habe noch nie kapiert, auch nicht zu meinen Zeiten als Hardcore-PC-Entwickler, wieso ein Spiel auf Konsole anders sein soll. Spieler sind Spieler, man muss ihnen ein tolles Spiel, eine großartige Erfahrung bieten, nur darum geht es.
Jörg Langer: Was spielen Sie selbst im Moment?
Warren Spector: Eine ganze Reihe von Sachen, etwa Resistance auf der PS3. Naja, es gibt noch nicht viel für die PS3. Kürzlich habe ich Zelda: Twilight Princess durchgespielt. Es begann ziemlich langsam, aber die letzten ein, zwei Stunden dieses Spiels haben mich wirklich sprachlos gemacht. Ich hatte einen solchen Spaß damit! [das Interview führte Jörg Langer] (as)
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Entertainment / 20.04.2007 / 12:12
Warren Spector: Weg mit männlichen Machtphantasien
Deus-Ex-Entwickler über sein zukünftiges Projekt, Online-Rollenspiele und Gewalt
Er ist einer der ganz großen Spiele-Designer und gleichzeitig einer der bescheidensten: Warren Spector war unter anderem für Ultima Underworld, System Shock oder Deus Ex zuständig, er arbeitete für Origin, Looking Glass und Eidos' Ion Storm. 2005 gründete er in Austin (Texas) die Junction Point Studios, deren Motto lautet: "Putting Power in Players' Hands". Jörg Langer sprach mit Spector, der seine Karriere vor 24 Jahren als Redakteur beim Brettspiel-Verlag Steve Jackson Games begann.
Jörg Langer: Herr Spector, Sie haben Ion Storm 2004 verlassen, wenige Monate vor deren Schließung durch Eidos. Ihr erstes Projekt bei Junction Point soll nach neun Monaten eingestampft worden sein. Nun arbeiten Sie angeblich an zwei Projekten. Können Sie uns mehr erzählen?
Warren Spector: Ich kann gerade noch nicht viel verraten, sonst wäre mein Publishing-Partner sehr ungehalten. Außerdem habe ich schon viel zu oft viel zu früh über meine Spiele geredet. Meine Erfahrungen bei Ion Storm haben mich da vorsichtig gemacht.
Jörg Langer: Es gibt Designer, die sehr viel bekannter für blumige Ankündigungen sind: Peter Molyneux, Dave Perry ...
Warren Spector: Peter, Dave und ich haben schon so unsere Gemeinsamkeiten. Aber eine Sache kann ich verraten: Wenn wir das Spiel ankündigen, wird die Hälfte der Leute sagen, "seid ihr verrückt geworden?". Ich freue mich schon auf diese Reaktion. Denn die andere Hälfte wird begeistert sein.
"Ein Drittel meiner Verkäufe kam immer aus Deutschland"
Jörg Langer: Wann wollen Sie das Projekt denn ankündigen?
Warren Spector: Ich hatte auf die GDC 2007 im März gehofft, aber das Timing hat einfach nicht gestimmt. Vielleicht mache ich es im Juli auf der E3, vielleicht aber auch im August auf der Games Convention in Leipzig. Hoffentlich gibt es die deutschen Fans noch! Denn als ich bei Origin, Looking Glass oder Ion Storm war, kam gut ein Drittel meiner Verkäufe aus Deutschland. Wann immer ich mit Publishern rede, erinnere ich sie daran, dass sie nicht immer nur die USA sehen dürfen. Meine Spiele schaffen fast immer die Hälfte oder mehr ihrer Verkaufszahlen in Europa!
Jörg Langer: Wird Ihr Projekt ein Solo-Spiel?
Warren Spector: Es ist schwer, heute nicht zumindest einen Multiplayer-Modus zu machen. Aber ich bin ein Singleplayer-Fan, also wird es überwiegend ein Solo-Spiel.
Jörg Langer: Dann würden Sie mir zustimmen, dass Multiplayer-Spiele wie Counterstrike oder MMOs wie World of Warcraft nicht zwangsweise die Zukunft der Computerspiele darstellen.
Warren Spector: Darüber streite ich mich regelmäßig mit Richard Garriott [Gründer von Origin und Vater der Ultima-Serie, Anm. der Redaktion], der ja für NC Soft das Action-MMO Tablua Rasa macht. Sicher, Massively-Multiplayer-Spiele sind ein tolles Geschäftsmodell. Aber wenn das erfolgreichste MMO World of WarCraft 8 Millionen Spieler hat, dann kommt das nicht einmal in die Nähe des Auflagenpotenzials von Solo-Spielen. Bevor MMOs und Multiplayer-Spiele zur Zukunft werden, haben sie noch einen langen, langen Marsch vor sich.
"Ich möchte lieber zu 30 oder 40 Millionen Menschen sprechen"
Jörg Langer: Insbesondere, wenn man ein WoW mit großen Singleplayer-Serien wie Final Fantasy oder GTA vergleicht.
Warren Spector: Ja. Als Geschäftsmann hätte ich zwar lieber 8 Millionen Leute, die mir 15 Dollar im Monat zahlen. Aber als Geschichtenerzähler, der möchte, dass die Spieler etwas über das Leben und sich selbst lernen, spreche ich lieber zu 30 oder 40 Millionen. Nicht, dass ich jemals so eine Zahl erreicht hätte, nicht einmal annähernd. Aber jeder weiß, dass eines Tages Spiele dieselbe Reichweite haben werden wie Fernsehen oder Kino. Der MMO-Kuchen aber ist viel kleiner als das - und wird es auch bleiben.
Jörg Langer: Warum gibt es eigentlich so viel Gewalt in modernen Spielen?
Warren Spector: Viele Leute in der Spielebranche schauen nach hinten statt nach vorn. Es liegt zuviel Betonung auf der Grafik! Ich sage das schon seit zehn Jahren, aber es wird immer schlimmer. Und zwar, weil die Hardware und unsere technischen Fähigkeiten immer besser werden. Wir können nun die gewohnten Sachen viel extremer und realistischer darstellen. Ich bin deshalb unsicher, ob es wirklich mehr Gewalt gibt heutzutage oder ob sie nicht einfach überzeugender dargestellt wird. Ich hoffe sehr, dass wir angesichts der PS3 und Xbox 360 anfangen zu sehen, was wir Neues damit anstellen können. Und nicht nur, wie wir alte Ideen besser aussehen lassen.
Jörg Langer: Außerdem hilft die Gewalt nicht gerade dabei, die breite Masse zu erreichen.
Warren Spector: Genau. Aber es gibt ja auch ganz andere Trends in der Industrie. Loco Roco ist cool, oder Animal Crossing, oder Little Big World, das Phil Harrison während seiner GDC-Eröffnungsrede vorgestellt hat. Das sind definitiv gegenläufige Entwicklungen. Es ist die Hardcore-Zielgruppe, die immer noch in den Machtphantasien männlicher Halbstarker verfangen ist. Sie macht immer noch einen großen Teil unserer Umsätze aus. Aber wir müssen weg davon, und viele Branchengrößen wollen die Dinge mittlerweile anders angehen.
Jörg Langer: Werden die Menschen irgendwann auf die Computerspiele zurückblicken, wie wir auf Brettspiele? Und Sie sind dann der Dinosaurier - wie heute ihr ehemaliger Chef Steve Jackson, der immer noch Papier-Rollenspiele entwickelt?
Warren Spector: Das ist unausweichlich. Ehrlich gesagt, fühle ich mich schon so. Ich bin 51 Jahre alt und gehöre vermutlich zu den ältesten Menschen, die noch aktiv Spiele entwickeln.
Jörg Langer: Sie haben sich gut gehalten.
Warren Spector: Danke, die Spielebranche hält dich entweder jung oder sie killt dich. Ich habe Mitarbeiter, deren Eltern jünger sind als ich! Aber zurück zu Ihrer Frage: Eines Tages wird ein neues Medium oder eine radikale Revolution dessen, was wir heute machen, kommen und uns regelrecht vorführen. Es wird etwas sein, das die Kinder kapieren und die Eltern fürchten.
"Videospiele haben eine Menge Druck vom Fernsehen oder den Comics genommen"
Jörg Langer: Und unsereiner ruft dann nach gesetzlichen Verboten.
Warren Spector: Ich kann es kaum erwarten! Videospiele sind ein ungeheuer mächtiges Medium, und wir stehen momentan extrem im öffentlichen Fadenkreuz. Alle Welt schaut auf uns, auf die Auswirkungen von Spielen und ihre Gewaltdarstellung. In diesem Sinne haben wir eine Menge Druck vom Fernsehen oder Comics genommen oder von den Spielhallen der 80er-Jahre. Und noch etwas: Leute wie Steve Jackson haben auch heute noch etwas beizutragen. Wenn ich mir ansehe, was er mir beigebracht hat, dann hat das immer noch klare Auswirkungen auf das, was ich heute mache. Also hoffe ich, dass in 20 oder 15 Jahren ich derjenige sein werde, der die Reden hält.
Jörg Langer: Wenn Sie 15 Jahre zurückblicken: War das eine bessere Zeit in Sachen Kreativität in der Spiele-Entwicklung?
Warren Spector: Irgendwann in den letzten beiden Jahren bin ich zu einem verbrämten alten Mann geworden, der ständig Dinge grummelt wie "früher war alles besser". Klar, wir setzen immer die rosarote Brille auf, wenn wir über die Vergangenheit sprechen. Aber trotzdem scheint es mir, als wenn es damals einfacher und lustiger gewesen wäre, Spiele zu entwickeln. Wir haben zu zehnt im Keller eines Gebäudes gearbeitet, wir saßen die ganze Zeit auf Gartenstühlen...
Jörg Langer: Da würde heute Ihr Rücken nicht mehr mitspielen.
Warren Spector: Moment, ich trainiere regelmäßig, ich bin sehr beweglich. Passen Sie auf, was Sie sagen! (lacht) Das fühlte sich anders an als ein Team zu führen mit 100 Leuten, bei dem man nicht mal von allen die Namen kennt. Bei Junction Point sind wir 24 Personen, und das fühlt sich klasse an. Die gemeinschaftliche Kreativität, das Ziehen an einem Strang erinnern mich sehr an frühere Tage. Aber das geht dem Ende entgegen. Es müssen eben all diese Grafiken und all die Sounds erstellt werden, wir müssen diese enorme Qualität hinbekommen, die heute erwartet wird. Das macht es sehr schwer, innovativ und kreativ zu sein, gerade für ein externes Studio wie unseres.
Jörg Langer: Wenn es auf die Zielgerade geht mit Ihrem Projekt, werden Sie also das Team ausbauen.
Warren Spector: Mit Sicherheit. Ich werde versuchen, nicht über 50 oder 60 Leute zu kommen, indem ich möglichst viel nach draußen gebe. Aber das haben schon viele gesagt, und am Ende hatten sie doch 100 oder 120 Mitarbeiter.
Jörg Langer: Sie kommen ganz klar vom PC, auch wenn Sie Konsolenerfahrung haben. Glauben Sie, dass moderne Konsolen vom PC im Prinzip nicht mehr zu unterscheiden sind?
Warren Spector: Die PS3 und Xbox 360 und teilweise auch die Wii sind auf funktionaler Ebene einem High-End-PC quasi gleichgestellt. Manches können sie besser, manches schlechter. Aber die NextGen-Geräte haben grundsätzlich das Spielfeld eben gemacht: Alles, was wir auf PCs entwickeln, kann man auch auf der Konsole machen, und umgekehrt. Ich habe noch nie kapiert, auch nicht zu meinen Zeiten als Hardcore-PC-Entwickler, wieso ein Spiel auf Konsole anders sein soll. Spieler sind Spieler, man muss ihnen ein tolles Spiel, eine großartige Erfahrung bieten, nur darum geht es.
Jörg Langer: Was spielen Sie selbst im Moment?
Warren Spector: Eine ganze Reihe von Sachen, etwa Resistance auf der PS3. Naja, es gibt noch nicht viel für die PS3. Kürzlich habe ich Zelda: Twilight Princess durchgespielt. Es begann ziemlich langsam, aber die letzten ein, zwei Stunden dieses Spiels haben mich wirklich sprachlos gemacht. Ich hatte einen solchen Spaß damit! [das Interview führte Jörg Langer] (as)
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Labels: videogame news
posted by Woodrow at 4/20/2007 11:46:00 PM
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